Ich selbst hatte die gesamte Schwangerschaft und sogar schon davor tierische Angst vor der Geburt. Wie wird sie? Wie werden die Schmerzen? Kann ich das schaffen? Brauche ich eine PDA? Was ist die beste Geburtsposition? Wie werden die Hebammen zu mir sein? Wie lange wird die Geburt dauern? Und noch vieeeele weitere Fragen schwirrten mir tagtäglich durch den Kopf.
Im Internet konnte ich den ein oder anderen Geburtsbericht lesen – ob das von Vorteil war? Ich weiß es nicht. Überraschung: So viele Horrorgeschichten machten meine Einstellung rund um das Thema Geburt leider nicht besser.
Die Angst vor der Geburt
Ich hatte solche Angst, dass meine Mama mir einen Kurs „Geburt in Freude“ geschenkt hat. Hm… Geburt in Freude… Für mich damals zwei Wörter, die einander ausschließen: „Geburt“ und „Freude“. Doch der Kurs half mir tatsächlich. Ich lernte dabei unter anderem auch Schmerzen auszuhalten und wegzuatmen.
Kleine Übung für Zwischendurch
Auch du kannst das jetzt direkt probieren: setze dich gerade hin und halte beide Arme seitlich in die Luft. Relativ zeitig werden die Arme anfangen zu schmerzen. Eine prima Übung, die du ganz einfach zwischendurch mal ausprobieren kannst.
Auf die Plätze, fertig: LOS!
Zwei Tage vor dem errechneten Geburtsbericht wachte ich nachts um zwei Uhr auf. Hatte ich mir da etwa gerade eingepinkelt? Ich sprang auf und merkte „Nein, ich kann es nicht kontrollieren. Ich habe einen Blasensprung“. Oh Gott, es ist so weit. Mein Freund lag im Bett und wusste noch gar nicht, wie ihm geschieht – war er doch erst vor einer Stunde schlafen gegangen. Tja, Pech gehabt: jetzt geht’s los!
2 Uhr nachts: Erstmal Küche putzen!
Ich rief also meine Hebamme an und schilderte ihr, was passiert war. Sichtlich überrascht war ich von ihrer entspannten Reaktion: „Joa, ich mache mich mal fertig und dann komme ich mal vorbei“. Ähm ok… Sollten wir uns nicht schnell im Krankenhaus treffen? Nein? Na gut.
Ich sprang also nochmal unter die Dusche und befehligte meinen Freund, die Küche vom Vorabend aufzuräumen. Ich wollte, dass die Wohnung perfekt ist, wenn wir mit unserem kleinen Wunder nach Hause kommen.
Die Hebamme bestätigt: Es geht bald los!
Die Hebamme kam und führte eine vaginale Untersuchung durch. Wehen hatte ich noch keine. Sie vermutete einen hohen Blasensprung und beschloss, dass wir nun auf natürliche Weise die Wehen anregen. Ich konnte es noch immer nicht fassen: Es ist so weit… Die Geburt steht bevor. Nicht mehr lange und ich halte mein Baby in den Armen. Endlich!
Wehencocktail, homöopathische Mittelchen? Gebt mir alles!
Lange habe ich sie vermisst: Cocktails. Endlich durfte ich wieder einen trinken. Meine Hebamme mixte mir einen Wehencocktail, gab mir homöopathische Tabletten (welche weiß ich gar nicht – ich vertraute ihr blind) und genaue Anweisungen, wann ich was zu mir nehmen sollte.
200ml vom Wehencocktail, dann eine Stunde spazieren gehen und im 10-Minutentakt eine der Tabletten unter der Zunge zergehen lassen, anschließend 200ml Wehencocktail und eine Stunde in die Wanne, danach nochmal zwei der Tabletten und 200ml Wehencocktail. Ich sag wie’s ist: Der Wehencocktail war für mich jetzt nicht unbedingt ein Hit, aber gewirkt hat er und darauf kommt es wohl an.
4:35 Uhr: Das erste Zwicken im Bauch
Während des Spaziergangs mit meinem Freund merkte ich ein leichtes Ziehen, das sich etwa alle fünf Minuten bemerkbar machte. Dieses war jedoch noch keineswegs schmerzhaft. Waren das jetzt Wehen oder nicht?
In der Wanne meiner Mama (denn wir haben leider nur eine Dusche) fragte ich mich die ganze Zeit, wann es endlich richtig losgehen würde, das Ziehen war wieder verschwunden. Was, wenn es nicht vorangeht?!
6:30 Uhr: Autsch, langsam wirds ungemütlich!
Nach der Wanne und dem Cocktail sollte ich mich nochmal hinlegen. Ein bisschen Schlaf hätte mir sicher gutgetan. Doch nun hatte ich ca. alle fünf Minuten Krämpfe, die sich wie starke Periodenschmerzen anfühlten. So konnte ich nicht schlafen und spazierte etwas durch die Wohnung meiner Mama. Um acht Uhr sollte ich zu meiner Hebamme, also wartete ich bis dreiviertel acht, um meinen Freund zu wecken. Dieser hatte schon nachts die Kliniktasche, Getränke und Snacks sowie die Babyschale ins Auto geladen. Ich war mir sicher, es tut so weh, jetzt werden wir gleich ins Krankenhaus gehen.
8:10 Uhr: Muttermundöffnung? Nicht in Sicht…
Meine Hebamme untersuchte mich wieder, mein Muttermund war ca. einen Zentimeter eröffnet. Also ging es wieder ab nach Hause – doch nicht ins Krankenhaus. Um neun Uhr waren wir wieder in unserer Wohnung. Die Wehen kamen ca. alle drei Minuten und waren sehr schmerzhaft. Wie lange muss ich das aushalten? Wann geht’s ins Krankenhaus? Hoffentlich geht das jetzt nicht 48 Stunden so weiter (ich hatte ja die ein oder andere Geschichte gehört).
Ca. 9:30 Uhr: Was kann ich tun, um die Wehen besser zu ertragen?
Ich versuchte die Hüften zu kreisen und auf dem Gymnastikball fühlte ich mich kurzzeitig wohl. Ich versuchte eine Position zu finden, in der die Wehen nicht so stark schmerzten, doch das war leider nicht möglich. Irgendwie fühlte ich mich auch verarscht: In meiner Vorstellung und dem, was ich gelesen hatte, hieß es immer, die Wehen kommen erstmal alle 30 Minuten, dann alle 20, dann 10. Bei mir kamen sie von Anfang an alle fünf Minuten. Ich fühlte mich betrogen, von wem oder was kann ich nicht sagen, aber ich wünschte mir einfach eine Pause zwischen den Wehen, um mich etwas zu erholen.
Ich stellte mir immer wieder vor, wie mein Atem zu Sauerstoff wird und über mein Herz zum Herzen meines Babys wandert. Jede Wehe bringt mich meinem Kind näher! Das hat mir tatsächlich geholfen.
Ca. 9:45 Uhr: Bitte ’ne Schnitte!
Vielleicht sollte ich noch etwas essen? In anderen Geburtsberichten las ich, dass die Frauen im Krankenhaus nichts mehr essen durften. Also beauftragte ich meinen Freund, mir ein Brot zu schmieren. Doch drei Bissen genügten mir – Essen unter Schmerzen macht keinen Spaß.
Ca. 10 Uhr: PENG! Blase geplatzt!
Ich legte mich aufs Sofa in der Hoffnung, dass es im Liegen besser wird. Plötzlich hörte ich ein seltsames Geräusch in meinem Bauch. Ich dachte erst massive Luft wäre in meinem Darm zu Gange, doch als ich mich aufsetzte, floss plötzlich eine Menge Wasser aus mir heraus. „Scheiße… Das Sofa ist ruiniert“ dachte ich als Erstes. Ich stand auf und das Fruchtwasser hörte gar nicht mehr auf zu fließen. Plötzlich setzte auch etwas Panik ein: Ich will ins Krankenhaus – Jetzt!
10:20 Uhr: Ab geht die Post!
Die Wehen wurden stärker und auch, wenn ich mich erst gegen 11 Uhr wieder bei meiner Hebamme melden sollte, rief mein Freund sie 10:20 Uhr an. Er half mir beim Umziehen und ab ging die Fahrt ins Krankenhaus.
10:30 Endlich im Krankenhaus
Der Weg in den Kreißsaal erschien mir ewig weit. Immer wieder musste ich stehen bleiben und die Wehen abwarten. In den Filmen wurden die Frauen immer mit Rollstühlen in den Kreißsaal gebracht – tja, noch so eine Enttäuschung, die aus meinen Erwartungen resultierte.
Meine Hebamme war schon vor Ort, doch wir mussten noch im Untersuchungszimmer warten, bis der Kreißsaal vorbereitet war.
Ca. 10:50: Gegen die Schmerzen… Gibts da was von Ratiopharm?!
Langsam wollte ich etwas gegen die Schmerzen, doch das musste warten, bis wir endlich in den richtigen Geburtsraum konnten. Ich sollte für das CTG am besten auf der Seite liegen, doch das hielt ich nur einige Wehen aus. Ich wollte aufstehen und mich bewegen, denn dabei habe ich mich einfach wohler gefühlt. Die Hebamme untersuchte mich: schon 6 cm eröffnet. Das war ein gutes Gefühl: Es geht also voran.
Ich musste nochmal auf die Toilette. Oh Gott, nicht das mein Baby jetzt ins Klo fällt, auch sowas habe ich schon in Filmen gesehen. Doch natürlich passierte das nicht.
Kurz nach 11 Uhr: Endlich im Geburtsraum!
Kurz nach 11 haben wir dann den Raum gewechselt. Ich zog mich aus und behielt nur mein T-Shirt an. Ich dachte, ich würde mich jetzt noch an den Geräten austurnen: Seil, Gymnastikball, Geburtshocker. Aber relativ schnell wollte ich mich einfach nur ins Bett legen. Mein Plan, das Kind in der Wanne oder im Hocken zu gebären, warf ich relativ schnell über Bord. Ich wollte mich nur hinlegen und ausruhen und das am liebsten auf dem Rücken.
Bitte einmal die volle Dröhnung von dem guten Zeug!
Bereits vor der Geburt hatte ich mich über schmerzlindernde Maßnahmen informiert und mich für Lachgas entschieden, da es nicht plazentagängig ist und wohl die Schmerzspitzen der Wehen verringert. Wenn ich spürte, dass eine Wehe kam, sollte ich drei tiefe Atemzüge vom Gas nehmen und dann aufhören. Doch tatsächlich irritierte mich das Lachgas eher, sodass ich nach ein paar Wehen darauf verzichtete.
Wann ist sie endlich da?!
Irgendwie lag meine Tochter wohl noch nicht richtig und ich sollte mich auf die linke Seite drehen und meine Wehen wegatmen, auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt bereits das Gefühl hatte, pressen zu müssen. Mein Freund hielt mein Bein und ich erinnere mich, dass ich einfach keinen Bock mehr hatte. Wann war endlich das Ziel erreicht?! Zu irgendeinem Zeitpunkt pustete mein Freund mir immer wieder Luft ins Gesicht – was sich vielleicht seltsam anhört, war irgendwie angenehm für mich.
Irgendwann zwischen 12 und 1 Uhr: Die Hebamme verlässt den Raum
Als ich mich endlich wieder auf den Rücken drehen durfte (Ja, das war für mich zu diesem Zeitpunkt immer noch die angenehmste Position) kam eine Presswehe nach der anderen. Und plötzlich sagt die Hebamme „ich gehe nochmal schnell aufs Klo, bevor die Kleine kommt“ – ich habe sofort Panik bekommen: Was, wenn ich jetzt das Kind bekomme und die Hebamme ist nicht hier?! Doch so kam es natürlich nicht.
Mein Körper resigniert und will eine Pause
Irgendwann kam dann ein Arzt dazu. Meine Wehen wurden wohl kürzer und weniger intensiv. Damit mein Körper neue Kraft erhält, bekam ich eine Art Glukoselösung intravenös verabreicht. Tatsächlich erinnere ich mich, dass ich mich danach tatsächlich gestärkt fühlte. Aber vielleicht war das auch einfach ein Placeboeffekt.
12:54 „Hallo Welt – hier bin ich!“
Danach ging es ganz schnell, nach ein paar Presswehen war meine kleine Tochter um 12:54 Uhr geboren, 53 cm und 4255 Gramm. Mein großes Mädchen. Ich erinnere mich, wie die Hebamme sie hochhielt, ich sagte nur immer wieder „Gib sie mir! Gib sie mir!“ und dann bekam ich sie auch schon auf die Brust gelegt.
Das Hoch danach
Dieses Gefühl werde ich wohl nie vergessen. Ich fühlte mich unbesiegbar, stark und obwohl ich mich darauf vorbereitet hatte, dass nicht jede Frau direkt von Liebe erfüllt ist nach der Geburt, schoss sie bei mir direkt voll durchs Herz. Meine Tochter, so zerknautscht und doch so perfekt. Mein Freund schnitt die Nabelschnur durch und auch er war vollkommen gerührt und konnte es noch gar nicht richtig glauben. Die Plazenta kam dann relativ schnell noch hinterher, hier spürte ich gar keine Wehe. Die Hebamme sagte nur jetzt noch einmal Pressen und schon war es geschafft.
Versorgung der Geburtsverletzungen
Nachdem unsere Tochter gewogen und untersucht wurde, bekam ich sie sofort wieder auf die Brust gelegt. Ich hatte einen Damm- und Scheidenriss. Der Dammriss musste genäht werden, doch all das kümmerte mich in diesem Moment wenig. Während der Arzt also den Riss versorgte, bewunderten wir unsere Tochter.
Erstmal Essen!
Danach wurden wir alleingelassen und was musste natürlich erstmal geschehen? Richtig: Essen. Ich hatte solch einen Hunger und mein Freund reichte mir einen Snack nach dem anderen. Und das tat unfassbar gut!
Dankbar für diese Geburtserfahrung
Rückblickend bin ich so dankbar: Ich hatte eine tolle Hebamme, ein professionelles und sympathisches Krankenhausteam, den besten Geburtspartner, den ich mir hätte wünschen können und eine schnelle, spontane Geburt. Eines der ersten Dinge, die ich nach der Geburt sagte, war: „Wow, das war gar nicht so schlimm, wie ich es mir immer vorgestellt hatte.“
Natürlich gibt es auch andere Geburtsgeschichten. Aber auch in meinem Rückbildungskurs (macht den unbedingt!) hatten alle Frauen durchweg positive Geburtserfahrungen. Von denen hört man nur leider viel zu selten.
Und eins steht fest: Das nächste Kind möchte ich mit der gleichen Hebamme im selben Krankenhaus bekommen, in der Hoffnung, dass auch diese Geburt mindestens genauso gut wird.
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